Konkord 021
Chapter Done
Mord
Musik für die Zornigen und Erschöpften.
Man hört sogleich wie gut sich die fünf weltgewandten Österreicher in der Musikgeschichte auskennen und bedienen: Da hat man von den Punk-Prototypen bis zu den späten Monstrositäten des Krautrock alles gelernt. Da vermengt sich die Neue Deutsche Welle ohne Umstände mit den Walls-of-Sound der Electronic Body Music. Und der gute alte Schlager sperrt sich mit der harten Elektronik der 1990er im Keller ein. Zudem sind alle Mitglieder von MORD bei anderen tendenziell progressiven Bands wie KREISKY, GELÉE ROYAL oder 4EXP2 im Einsatz.
Wer MORD je live erlebt hat, erinnert sich an eine abenteuerliche Achterbahnfahrt durch ausgedehnte Lärmpassagen, beschwörenden Sprechgesang zu unerfreulichen Themen und einen treibenden, aufwühlenden Beat, der alles auf merkwürdige Weise zusammenleimt. Um mit diesem improvisatorischen Konzept auch dem CD-Format gerecht zu werden, hat man den schönen Rhythmus ein wenig nach vorne gestellt, den Noise sanft zurückgedreht und die einzelnen Num- mern auf maximal 10 Minuten formatiert. Abwechslungsreiche Gitarrenarbeit und fein abgestimmte Grob-Elektronik prägen die Musik des MORD-Debütalbums „Chapter Done“.
Das clubgewohnte Tanzbein verfängt sich in der trostlosen Einsamkeit des Fernsehjunkies, und das Auge wird mit der russischen Beleuchtung des Asylheims beleidigt. Das schäbige in der Welt wird gekonnt so lange in die Mangel genommen, bis wir begriffen haben: auch im Glamour liegt der Abgrund, und auch in der tiefsten Depression sagt uns eine lästige Stimme wie schön es ist, hier zu sein.
Und das ist eigentlich ein sehr mutiges Unterfangen, heutzutage: ein durchgeknallter Gegenentwurf zur glattgebügelten Unterhal- tungsmucke des Formatradios, eine Platte, die die bösen Seiten des Lebens als gleichwertig mit den guten betrachtet. Und die dem unglücklichen Menschen in uns allen zuruft: Geh geradeaus weiter, mein Freund, denn das Schlimmste liegt noch weit vor dir!